Munchmuseet, MM K 3188

MM K 3188, Munchmuseet. Datert 28.01.1911. Brev fra Gustav Schiefler.

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Hamburg 28. Januar 1911



    Lieber Herr Munch!


    So ist wieder Tag um Tag vergangen,
ohne dass ich meine Absicht, ihnen
schnell zu antworten, ausgeführt habe.
Aber der Inhalt der Tage ist meist
so gross, dass nichts mehr hineingeht,
und auch jetzt ist schon wieder die
Mitternacht nicht weit entfernt.

    Was Sie über Ihre Universitäts-Ent
würfe schreiben, hat uns sehr stark
interessirt, und ich wünschte, ich könn-
te Ihnen helfen, dass Sie den Preis
davon trügen. Ich bin überzeugt, dass
ich damit nicht nur meinem Gefühle
der Freundschaft für Sie, sondern auch
der Kunst einen Dienst erwiese. Von diesen

 

      

Gedanken ausgehend habe auch ich
mich über Schefflers Geschwätz
von der „Leere” geärgert. Aber die
weisheit dieser Leute muss immer
alles besser wissen, und wenn sie
vor etwas Grossem und Einfachen
stehen, so wissen sie nichts damit an-
zufangen. Ich habe mich, da ich
selbst nichts wusste, nach den
Kunstkritikern der von Ihnen ge-
nannten Zeitungen erkundigt, aber
bisher noch nichts erfahren können;
auch Nolde ist nicht orientirt,
will aber sich umhören. Nur von
Wätzold, dem Kunstreferenten
beim Hamburgischen Correspondenten
weiss ich, dass er ein vorurtheilslosen
Mann ist, der für das Neue eintritt.

 

      

Ihr Bild hat ja insofern in der Se-
cession
eine sehr ehrenvolle Aufnah-
me gefunden, als es so gut gehängt
ist, wie möglich. Aber ich habe
doch den Eindruck, namentlich nachdem,
was Scheffler schreibt, als wenn alle
diese Leute, die sich an der Kultur
des Impressionismus gross gesäugt
haben, nun auf einmal die Empfin-
dung haben, dass da etwas Neues im
Anzuge ist: das, was Sie ganz richtig
den germanischen Geist nennen. Schon
bei den von jenen Leuten so hoch gehei-
ligten Franzosen hat es eingesetzt:
in Cézanne; dann ist es deutlicher
in dem Holländer van Gogh hervorge-
treten. In Ihnen haben sie es besonders
stark erkannt oder wohl richtiger:

 

      

nur gewittert, und darum \wurden früher/ sind
Ihre Bilder regelmässig so etwas
à l'écart gehängt. Das braucht ja
gar keine Bosheit zu sein, sondern
nur ein Instinct; S\s/ie fühlen sich
in ihrem Besitze bedroht. Dies „germa-
nische Element” ist ja an sich dem
Impressionismus gar nicht feindlich;
im Gegentheil, so wie es sich äüssert,
fusst es durchaus auf ihm, wenn es
ihn auch überwindet. Aber es ist eine
neue Macht, die am Horizonte auf
getaucht ist und nun anfängt, ins
Grosse zu wachsen.

    Der Streit Nolde–Liebermann ist
auch eine Etappe auf diesem Wege.
Liebermanns Entrüstung – er nennt
ja in seinen Veröffentlichungen und
Reden Nolde gar nicht mit Namen

 

      

sondern nur „Herr Hinz oder Kunz”,
der nichts kann, oder die „Jugend,
die 40 Jahre überschritten hat, und
der der Verstand doch noch nicht ge-
kommen ist – ist ja eigentlich auch
nur daraus zu erklären, dass er
hinter jenem Hinz oder Kunz, den
er in Wirklichkeit nicht schätzt,
doch irgend etwas wittert, das stär-
ker sein könnte, als er denkt.

    Besprechungen Ihres Bildes habe ich
nicht weiter gefunden und kann Ihnen
daher keine anderen schicken.

    Ihre Geldsendung ist angekommen.
Wir respectiren Ihren Willen, und
bestätigen Ihnen mit bestem Dank
den Empfang. Ich schreibe gleichzeitig
an Cassirer, dass er Ihnen noch 10 Ex.

 

      

des Katalogs schickt. Von hier
aus sende ich Ihnen ein Exem
plar, in welchem ich alle die
Blätter anstreiche, die ich besitze.
Daraus werden Sie für künftige
Fälle das nöthige ersehen können.

    Meine Frau hat sich über
Ihren Brief sehr gefreut und
wird Ihnen nächster Tage danken.
Ihr Landgut scheint ja sehr hübsch
zu liegen, wir sind schon in
Gedanken mit Ihnen in dem
Garten spazieren gegangen und
die Reise dahin winkt sehr ver-
lockend.

    
    Viele herzliche Grüsse von
uns allen!


    Ihr
Schiefler