Munchmuseet, MM K 3235

MM K 3235, Munchmuseet. Datert 04.01.1919. Brev fra Gustav Schiefler.

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Hamburg 37, Oberstraße 6, den 4. Januar 19.



    Lieber Herr Munch,


    Wie nett war es, als gestern von
Ihnen eine Karte ankam, gerne hätten wir nur aus-
führlicher gehört.

    Ich habe während der schweren Zeit so viel Freude
und Trost in Ihrer Kunst gefunden, dass ich Ihnen
dafür noch ganz besonders danken muss. Der grosse
badende Knabe hing so, dass mein Auge immer darauf
fiel, und ich in ihm meinen Jungen bei mir hatte,
der während des ganzen Krieges, mit Ausnahme
einiger Monate, in denen er sein Asthma in Warne-
münde auskurierte, im Westen an der Front stand.
Jetzt ist er seit dem hl. Abend für ein paar Wochen
bei uns, ehe er zum Studieren nach Rostock geht.
Wir hatten das Glück im Fest die vier Kinder
gesund bei uns zu haben, und so war es bei aller
Trauer über den politischen Zusammenbruch so schön
wie nur möglich. Nun ist der „Badende” seit
einiger Zeit als Leihgabe von uns in der Kunst-
halle
, im Ehrensaal der Modernen, und wartet
der Eröffnung. Es ist die letzte Tat Lichtwarks,
dieser Neubau, leider hat er ihn nicht vollendet
gesehen, er wird eine ganz neue Lösung der Licht-
zufuhr bringen.

 

      

    Seit der Unruhen haben wir den „Tannenwald” in
unserem Schlafzimmer hängen, und ich bin ganz
glücklich, dass er die Sorgen verscheucht des abends
und morgens mich mit gehobenen Gedanken er-
füllt, jenseits von allem Vergänglichen.

    Wir machen sehr schwere Zeiten durch, nicht
eigentlich dass die Revolution so folgenschwer ist,
natürlich wird etwas mehr gestohlen, wie ja die
Menschen nicht besser durch den Krieg geworden sind.
Aber was uns so bedrückt, ist die Unsicherheit
aller Verhältnisse und mehr noch, dass es so
schwer ist zu den Dingen Distanz zu erhalten.

    Ist es wirklich das Heraufkommen des dritten
Reiches, dann möge alles hinfahren, Güter dieser
Erde, dann ist die grosse Idee da.       Ists aber
nur, dass sich zur Abwechslung andere an die
Krippe stellen, mit hässlichen Manieren und
unverhüllt die Selbsucht herrschen lassen, dann
arme getäuschte Menschheit! Steckt aber doch
noch Lebenskraft im alten Europa und sollte
Deutschland berufen sein die soziale Revolution
heraufzuführen gegen Mammonismus, dann wollen

 

      

wir gern weiter leiden. Ein grosser Unterschied
ist gegen früher: der Deutsche hat die Einheit
bewusst genossen, und er wird sie sich nicht
wieder nehmen lassen! Es steckt so viel Gutes
und Tüchtiges im deutschen Volk, aber wir sind
unterernährt allesamt, dazu kam nach all den
Entbehrungen der jähe Sturz von sicherer Höhe,
nur ein Wunsch beseelt alle, kein Blutvergiessen
mehr, und möglichst bald die Nationalversamm-
lung
.

    Dass mein Mann seiner immer unsicherer
werdenden Augen halber August 14. abgehen musste,
haben Sie wohl noch gehört. So schwer der
Entschluss war, seitdem begann für ihn ein
neues schönes Leben, er ist glücklich, frei zu sein,
hat eine neue Zeitschrift herausgegeben, an der er
viel Freude erlebt.

    Jetzt ist er eifrig beschäftigt die Revolution
fürs Geistige nutzbar zu machen und ist die
Haupt-Triebkraft des neugegründeten Werkbunds
geistiger Arbeiter, über dessen Tendenzen er Sie
in beifolgendem Heft zu interessieren hofft. Er
soll weder lesen noch schreiben, und da haben wir
viel zu tun, ihn auf dem Laufenden zu erhalten.
Aber er ist unermüdlich im Zuhören. Älter ist
er sehr geworden und schlank wie ein Jüngling,
aber damit ist auch die Gicht verschwunden.

 

      

    Unsere älteste Tochter ist mit ihrem Musikstudium
fertig, 4. Jahre Jaques-Dalcroze, das bringen doch nur die
Deutschen fertig diese Parteilosigkeit während des Krieges!
Die zweite unterrichtet Mensendieck und ist sehr glücklich
in ihrem Beruf. Die kleine Ottilie ist die allergrösseste
geworden, sie hat uns, als sie von ihrer bayrischen
Pension diesen Sommer zurückkehrte grosse Sorge gemacht,
da sie an den Folgen einer nicht ausgeheilten Influenza
recht elend war, jetzt aber gehts besser, und ich hoffe
Gartenarbeit diesen Sommer werden den Rest wegwischen.
Sie ist meine Stütze, eigentlich darf je eine moderne
Mutter sich die nicht leisten, mir aber ists bei
dem vielen Vorlesen für meinen Mann ein unentbehr-
liches Etwas. Und schlank sind wir alle aber
doch stark mitgenommen durch den Krieg. Wie
eine Dame neulich sehr nett es \von mir/ ausdrückte,
von vorne gesehen Museum \(Alter)/ von hinten (Jugend) \Lyceum/.

    Da habe ich Ihnen von allen berichtet und hoffe,
Sie lassen von Sich hören. Dieses Haus auf der Karte
kannte mein Mann nicht. Er denkt noch viel
der Zeiten mit Ihnen, und namentlich wenn wir
Ihr Werk besehen, so hat jedes Blatt seine Geschichte,
und mein Mann würde sich nie davon trennen.
Wir werden viel um unsere Schätze beneidet, und
die Jugend namentlich strebt darnach sie zu sehen, so
werden wir durch Sie ganz berühmt. –

    Möchte es Ihnen gut gehen!  Mit herzlichen Grüssen von uns allen Ihre Luise Schiefler